Walter Benjamin Zitate – Seite 1
→Denn die Kindheit ist der Quellenfinder der Trübsal, und um die Trauer so ruhmreich strahlender Städte zu kennen, muß man in ihnen Kind gewesen sein.Walter Benjamin
→Das verzweifelt helle Bewußtsein, inmitten einer entscheidenden Krisis zu stehen, ist in der Menschheit chronisch.Walter Benjamin
→Wie der Abschiednehmende leichter geliebt wird! Weil die Flamme für den Sichentfernenden reiner brennt, genährt von dem flüchtigen Streifen Zeug, der vom Schiff oder Fenster des Zuges herüberwinkt. Entfernung dringt wie Farbstoff in den Verschwindenden und durchtränkt ihn mit sanfter Glut.Walter Benjamin
→Wir hasten vorbei. Aber wir werden an jeder Ecke von neuem stutzen, denn immer hat der südliche Händler den Bettlermantel so um sich geschlagen, daß mit tausend Augen das Schicksal uns daraus ansieht.Walter Benjamin
→Zitate in meiner Arbeit sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen.Walter Benjamin
→Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg.Walter Benjamin
→Im Frühling gewahrt man bei hellem Sonnenwetter das junge Laub, im kalten Regen die noch unbelaubten Äste.Walter Benjamin
→Aller Boden mußte einmal von der Vernunft urbar gemacht, vom Gestrüpp des Wahns und des Mythos gereinigt werden.Walter Benjamin
→Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt.Walter Benjamin
→Jede Zeit erscheint sich ausweglos neuzeitig. Das „Moderne“ aber ist genau in dem Sinne verschieden wie die verschiedenen Aspekte ein und desselben Kaleidoskops.Walter Benjamin
→Wie eine Mutter, die das Neugeborene an ihre Brust legt, ohne es zu wecken, verfährt das Leben lange Zeit mit der noch zarten Erinnerung an die Kindheit.Walter Benjamin
→Erinnerung und Erwachen sind aufs engste verwandt. Erwachen ist nämlich die dialektische, kopernikanische Wendung des Eingedenkens.Walter Benjamin
→Die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition.Walter Benjamin
→Wenn es eine Muse des Romans gibt – die zehnte -, so trägt sie die Embleme der Küchenfee. Sie erhebt die Welt aus dem Rohzustande, um ihr Eßbares herzustellen, um ihr ihren Geschmack abzugewinnen.Walter Benjamin
→Der heute wesenhafteste, der merkantile Blick ins Herz der Dinge heißt Reklame. Sie reißt den freien Spielraum der Betrachtung nieder und rückt die Dinge so gefährlich nah uns vor die Stirn, wie aus dem Kinorahmen ein Auto, riesig anwachsend, auf uns zu zittert.Walter Benjamin
→In der Liebe suchen die meisten ewige Heimat. Andere, sehr wenige aber, das ewige Reisen.Walter Benjamin
→In dem Traum, in dem jeder Epoche die ihr folgende in Bildern vor Augen tritt, erscheint die letztere vermählt mit Elementen der Urgeschichte, das heißt einer klassenlosen Gesellschaft.Walter Benjamin
→Die Ideen verhalten sich zu den Dingen wie die Sternbilder zu den Sternen… sie sind weder deren Begriffe noch deren Gesetze.Walter Benjamin
→Sich in einer Stadt nicht zurechtzufinden heißt nicht viel. In einer Stadt sich aber zu verirren, wie man in einem Walde sich verirrt, braucht Schulung.Walter Benjamin
→Der hat noch niemals deine Speise erfahren, nie eine Speise durchgemacht, der immer Maß mit ihr hielt. So lernt man allenfalls den Genuß an ihr, nie aber die Gier nach ihr kennen.Walter Benjamin
→Kinder, wenn sie sich Geschichten ausdenken, sind Regisseure, die sich vom „Sinn“ nicht zensieren lassen.Walter Benjamin
→Als Lebensuhr, auf der die Sekunden nur so dahineilen, hängt über den Romanfiguren die Seitenzahl. Welcher Leser hätte nicht schon einmal flüchtig, geängstigt zu ihr aufgeblickt?Walter Benjamin
→Der Städter, dessen politische Überlegenheit über das Land im Laufe des Jahrhunderts vielfach zum Ausdruck kommt, macht den Versuch, das Land in die Stadt einzubringen.Walter Benjamin
→Kritik ist eine moralische Sache. Wenn Goethe Hölderlin und Kleist, Beethoven und Jean Paul verkannte, so trifft das nicht sein Kunstverständnis, sondern seine Moral.Walter Benjamin
→Die Jugend aber ist das Dornröschen, das schläft und den Prinzen nicht ahnt, der naht, es zu befreien.Walter Benjamin
→Als ein geschätzter, kultivierter und eleganter Freund mir sein neues Buch übersandte, überraschte ich mich dabei, wie ich, im Begriff es zu öffnen, meine Krawatte zurecht rückte.Walter Benjamin
→Die Kunst ist ein Verbesserungsvorschlag an die Natur, ein Nachmachen, dessen verborgenstes Innere ein Vormachen ist.Walter Benjamin
→In den Gebieten, mit denen wir es zu tun haben, gibt es Erkenntnis nur blitzhaft. Der Text ist der langanhaltende Donner.Walter Benjamin
→Die Entschälung des Gegenstandes aus seiner Hülle, die Zertrümmerung der Aura, ist die Signatur einer Wahrnehmung, deren „Sinn für das Gleichartige in der Welt“ so gewachsen ist, dass sie es mittels der Reproduktion auch dem Einmaligen abgewinnt.Walter Benjamin