Rainer Kohlmayer Zitate – Seite 6
→Konsequenzen der Arbeitsteilung. – „Ich denke, also existiere ich.“ „Ich arbeite, also denke und existiere ich nicht.“ „Ich arbeite nicht, also muß ich denken, um existieren zu können.“Rainer Kohlmayer
→Tierischer Ernst? – Ungerechtigkeit der Sprache: Nur die Tiere sind tierisch ernst, die den Menschen ausgeliefert sind. Der tierische Ernst der Tiere hat also dieselbe Ursache wie der tierische Ernst von Menschen: Folge einer Beschädigung.Rainer Kohlmayer
→Die sanfte Tendenzwende zur leistungsorientierten Pädagogik. – Man schlägt den Esel nicht mehr; man streichelt den Sack, den er schleppen soll.Rainer Kohlmayer
→Marketing-Ausbildung für Verbraucher. – „Hier, nimm dieses Lexikon – darin steht die ganze Welt.“ „Aber – das ist doch ein Versandkatalog.“ „Richtig. Deine Welt.“Rainer Kohlmayer
→Lieschen Müller hatte die Gürtellinie zum Horizont erklärt. Manche ihrer emanzipierten Töchter bleiben auch heute noch dabei, nur daß sie die Blickrichtung um 180 Grad gewechselt haben.Rainer Kohlmayer
→Dernier cri. – Die Sensationen begraben einander, jede Neuigkeit ist gleichzeitig eine Beerdigung, ihr Geburtsschrei ist immer zugleich ihr Todesschrei. Die Kultur imitiert dabei den Kreislauf der Natur, aber mit erhöhter Geschwindigkeit.Rainer Kohlmayer
→Im Frühtau zu Berge. – Spätaufsteher müssen die Flurschäden bereinigen, welche die Frühaufsteher angerichtet haben.Rainer Kohlmayer
→Suchen und Finden. – Das Kind findet, ohne zu suchen. Der Jüngling sucht und findet. Der Mann sucht, ohne zu finden. Der Greis vergißt, was er suchen wollte.Rainer Kohlmayer
→Konsequenz. – Wenn der Bock zum Gärtner gemacht wird, soll man sich nicht wundern, wenn die Gärtner bocken.Rainer Kohlmayer
→Riskantes Termingeschäft. – Wer sich für andere aufopfert, macht einen betrügerischen Bankrott und spekuliert auf fragwürdige Fegefeuererleichterungen oder himmlische Subventionen.Rainer Kohlmayer
→Perückwärts. – Da er die Perücke falsch herum aufgesetzt hatte, verblüffte er die Leute damit, wie schnell er rückwärts laufen konnte. Niemand schien sein wahres Gesicht zu kennen oder zu vermissen.Rainer Kohlmayer
→Ich, das unbekannte Wesen. – Im Buch der Natur kommt das Personalpronomen der 1. Person Singular nicht vor.Rainer Kohlmayer
→Casanova. – Nach sechs Monaten Zuchthaus wegen Polygamie wurde er entlassen. Er galt als polyzahm.Rainer Kohlmayer
→Polaroid. – Die Gegenwart dient ausschließlich den zukünftigen Erinnerungen. Das Gedächtnis überrundet das Erlebnis.Rainer Kohlmayer
→Casanovas Hypothese. – Das Lächeln der Mona Lisa sei gar nicht so rätselhaft, meinte er. „Leonardo hat das Kopfkissen übermalt.“Rainer Kohlmayer
→Not und Tugend. – Der Moralist macht aus der Tugend eine Not. Der Lehrer macht aus der Tugend eine Note. Der Streber macht aus den Noten eine Tugend.Rainer Kohlmayer
→Aus der (n)e(u)rotischen Terminologie einer heutigen deutschen Grammatik. – Nachstellung, Umklammerung, Kontaktstellung, Spreizstellung, emphatische Gliedstellung, Beifügung, Einschub, Figuren, Klimax, Abbruch, Ausklammerung, Wiederholung…Rainer Kohlmayer
→Englische Richter sind der letzte Berufsstand, der noch Perücken tragen darf. Spricht das für oder gegen das Rechtsbewußtsein auf der Insel?Rainer Kohlmayer
→In Frankreich gibt es an Bahnübergängen Schilder mit der Warnung: „Attention! Un train peut cacher un autre!“ Auf die Psyche übertragen, lassen sich zahlreiche Analogien bilden. „Achtung, ein kluger Einfall kann eine enorme Dummheit verbergen!“Rainer Kohlmayer
→Hi[nte]rnprodukte. – In Buchrezensionen ist oft erstaunlich ablehnend von „Hirnprodukten“ die Rede. Was hat man bloß gegen das Hirn? Oder ist es ein Druckfehler? (Karl Kraus sprach gelegentlich von „Gehirnfäkalien“).Rainer Kohlmayer