Jean Paul Zitate – Seite 21
→Gäb es für das Herz nichts als den Augenblick, so dürftest du sagen: um mich und in mir ist alles leer; aber liegt da nicht die lange Vergangenheit hinter dir und wächst täglich, und die Zukunft steht vor dir, und deinen Winter umschließt ein Frühling und ein Herbst.Jean Paul
→Den heillosen Kipperinnen und Wipperinnen der Kindheit haben wir ebenso viele lahme Beine, als lahme Herzen zu verdanken, den – Mägden und Ammen. Ich wollte lieber, diese Unholdinnen erzöghen uns im zweiten Jahrzehnt, als im zweiten Jahr.Jean Paul
→In Frauenzimmern wird man oft aus Langeweile verliebt – man weiß nichts anderes mit Ihnen anzufangen.Jean Paul
→Um Genies in der Kindheit zu beobachten, müßte man erst wissen, wer eines wird; denn erst hinterher macht man spätere Erlebungen zu frühern Erfahrungen.Jean Paul
→Auf echte Religion des Herzens führt uns alles leicht: der Sternenhimmel, das Abendrot, ja das Abendgeläute, jede Rührung, vielleicht Schmerz.Jean Paul
→Habt ihr recht erzogen: so kennt ihr euer Kind. Nie, nie hat eines je seiner rein- und rechterziehenden Mutter vergessen.Jean Paul
→Zum Engel der letzten Stunde, den wir so hart den Tod nennen, wird uns der weichste, gütigste Engel zugeschickt, damit er gelinde und sanft das niedersinkende Herz des Menschen vom Leben abpflücke.Jean Paul
→Die Natur bestraft alles, an den Besten auch die kleinsten Fehler und gerade diese am härtesten.Jean Paul
→Möge der Engel des Glaubens zu dir kommen, wenn der Engel der Freude auf Minuten entfliegt.Jean Paul
→Wie Deutsche Straßenraub außer Landes für erlaubt hielten, so Mord im Krieg 18/12; so überall; Fehler, die man sich nicht gegen seine Familie etc. und Anhänger erlaubt, verstattet man sich gegen Fremde.Jean Paul
→Gehest du furchtsam und zart mit deinen Leiden um, so stechen sie heißer, wie Brennesseln, wenn man sie bloß leise berührt. Aber gleich ihnen verletzen sie wenig, wenn du sie herzhaft und derb handhabst.Jean Paul
→Manche Dichter geraten unter dem Malen schlechter Charaktere oft so ins Nachahmen derselben hinein, wie Kinder, wenn sie träumen zu pissen, wirklich ihr Wasser lassen.Jean Paul
→Man würde die Menschen leichter kennen, wenn man nicht jede Handlung als Folge von Grundsätzen ansähe; man hält zu selten eine für Kaprice, aus der nicht auf den Hauptcharakter zu schließen ist.Jean Paul
→Schoppe wurde ohnehin von wenigen lange geliebt, weil wenige einen ganz freien Menschen erdulden.Jean Paul
→Wenn man von gewissen Sekten etc. höret: glaubt man, sie wären unsinnig, so etwas zu glauben. Aber wenn man mit ihnen bekannt wird: findet man wenigstens Zusammenhang in ihren Irrtümern.Jean Paul
→Die eine Zeit braucht Männer, um zu entstehen, die andere, um zu bestehen; die unsrige hat sie zu beidem nötig.Jean Paul
→Man kann vieles als so scharfe Axiomen sagen, wodurch durch ein Leben gehandelt worden und werden soll, wenns recht geht, und welche unmöglich gerade bei Anlaß des Gesprächs können erfunden sein und werden – und die es doch sind.Jean Paul
→Wir schämen uns mehr vor uns selber, wenn wir uns einer Torheit, als eines Lasters erinnern.Jean Paul
→Das Lob ist ein sanfter Ton, welcher zum Tragen unangemessener Lasten mehr stärkt, als die Drohung nur gewöhnliche aufbürden darf.Jean Paul
→Niemand wird in der Welt leichter betrogen – nicht einmal die Weiber und die Fürsten – als das Gewissen.Jean Paul
→Je zarter und wärmer man liebt, desto mehr entdeckt man an sich statt der Reize nur Mängel, weil man des geliebten Gegenstandes nie würdig genug zu sein glaubt.Jean Paul
→Einmal muß jeder Ehemann in den Topf gucken, um zu wissen, ob er’s nachher unterlassen darf.Jean Paul
→Steh deinem Freund mit deinem Rat zur Seite, so gut du kannst, auch wenn er dir nicht glauben will. Du aber bist dazu verpflichtet ihm guten Rat zu erteilen.Jean Paul
→Stille Unterordnung unter Willkür schwächt, stille unter Notwendigkeit stärkt – seid denn eine Notwendigkeit!Jean Paul
→Dem Traume sind wir mehr Geschöpfe als Schöpfer; das Leben wird uns gereicht, aber wir ordnen es nicht, sondern wir unterordnen uns ihm.Jean Paul
→Mathematik und Philosophie: Die Philosophie übt den Geist für alle anderen Verhältnisse, wo Scharfsinn nötig ist. Daher kann der Philosoph noch etwas anderes verstehen und treiben, aber Mathematiker nicht.Jean Paul
→Ein berühmter Autor sollte auch Sätze, die andere gesagt, wiederholen, um der Wahrheit sein Gewicht hinzuzutun.Jean Paul
→Du liebes Bayreuth, auf einem so schön gearbeiteten, so grün angestrichenen Präsentierteller von Gegend einem dargeboten – man sollte sich einbohren in dich, um nimmer heraus zu können.Jean Paul
→Großen Seelen ziehen die Schmerzen nach, wie den Bergen die Gewitter; aber an ihnen brechen sich auch die Wetter, und sie werden die Wetterscheide der Ebene unter ihnen.Jean Paul
→Das Leben, besonders das sittliche, hat Flug, dann Sprung, dann Schritt, endlich Stand; jedes Jahr läßt sich der Mensch weniger bekehren, und einem bösen Sechziger dient weniger ein Missionär als ein Autodafé.Jean Paul
→Wer Rügen und Strafen mit einem Gefühle austeilt, als bekomme er sie selber, der kann seiner Gerechtigkeit versichert sein.Jean Paul
→Jeder bewundert den Mut des andern und findet seine Freiheit edel; treffen beide ihn, dann erregen sie seinen Zorn.Jean Paul
→Jahre und Geschäfte, juristische vollends, ach das Leben selber ziehen den Menschen immer weiter herab, anfangs aus dem Äther in die Luft, dann aus der Luft auf die Erde.Jean Paul
→Habt Mitleiden mit der Armut, aber noch hundertmal mehr mit der Verarmung! Nur jene, nicht diese macht Völker und Individuen besser.Jean Paul