Christian Morgenstern Zitate – Seite 8
→Ich frage mich oft, welches der wünschenswertere Typus von beiden ist: der mehr geistige Mensch, für den es nichts Abstoßenderes gibt, als das Uninteressante, oder der mehr gemütliche, für den es schlechtweg nur Anziehendes und Abstoßendes gibt.Christian Morgenstern
→Es gibt gar keine Worte, die bloß Worte wären. Sondern jedes Wort ist von vornherein ein – höchst individuelles – Urteil. Man glaubt, a sei gleich a. Eine vollkommene Ungeheuerlichkeit.Christian Morgenstern
→Schriftstellerei ist heute vielfach nicht wichtiger zu nehmen, als daß, sagen wir, heute jedermann Kakao trinken kann, während es früher nur die Reichen konnten.Christian Morgenstern
→Es gibt ein sehr probates Mittel, die Zeit zu halten am Schlawittel: Man nimmt die Taschenuhr zur Hand und folgt dem Zeiger unverwandt.Christian Morgenstern
→Gelehrte Müßt ihr euch immer prügeln, wenn ihr aufs Forum wandelt, Könnt ihr euch nicht beflügeln, wenn ihr von Großem handelt?Christian Morgenstern
→Ich rechne nur nach Menschen, nicht nach Geschlechtern, außerdem bin ich kein Freund von Gemeinplätzen, wie etwa dem über Freundschaft und Liebe, denn ich gehe einfach den Weg, den ich vor mir rechtfertigen kann, nicht den, welchen mir irgend eine abgebrauchte Sentenz vorschreibt.Christian Morgenstern
→Wer die Welt nicht von Kind auf gewohnt wäre, müßte über ihr den Verstand verlieren. Das Wunder eines einzigen Baumes würde genügen, ihn zu vernichten.Christian Morgenstern
→Es gibt stillschweigende Voraussetzungen unter Menschen von Geist: die soll man nicht aussprechen. „Oberflächlich sein“ (oder scheinen wollen) „aus Tiefe“, das gehört hierher. Eine schwere Forderung an den Radikalismus der Jugend.Christian Morgenstern
→Daß ich nie in meinem Leben eine Schwester gehabt habe! Kein fremdes Weib kann dem Bruder ein solches Verhältnis ersetzen.Christian Morgenstern
→Wir sind alle Besessene, man muß das Wort nur wörtlich genug verstehen. Aber zugleich können wir auch Mehrer dieses uralten Besitzstandes sein, den wir „unsern Geist“ nennen, zugleich auch Besitzergreifende.Christian Morgenstern
→Jeder von uns hat etwas Unbehauenes, Unerlöstes in sich, daran unaufhörlich zu arbeiten seine heimlichste Lebensaufgabe bleibt.Christian Morgenstern
→Wann wird dies sein? Wann wird das sein? – Wann wir es uns verdient haben werden.Christian Morgenstern
→Am Vollblut spürst du sofort, was Adel ist, beim Menschen wirst du’s nicht gelten lassen.Christian Morgenstern
→Dass Güte nicht auch Schwäche sein könnte, behauptet niemand, dass sie es immer sei, nur ein Tor.Christian Morgenstern
→Ganze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein, um den Tieren ihre Dienste und Verdienste an uns zu vergelten.Christian Morgenstern
→Niemand war und ist mir eine empfindlichere Geißel als der richterlich geartete Mitmensch. Er ist für mich der personifizierte böse Blick.Christian Morgenstern
→Und dann Phantasie. (Aber was wäre Phantasie ohne Mut?) Vielleicht ist Mangel an beiden eine der grundlegenden Lebensbedingungen, vielleicht kann der Mensch nur mit einem gewissen Quantum von Feigheit und Trägheit existieren.Christian Morgenstern
→Die Natur ist die große Ruhe gegenüber unserer Beweglichkeit. Darum wird sie der Mensch immer mehr lieben, je feiner und beweglicher er werden wird. Sie gibt ihm die großen Züge, die weiten Perspektiven und zugleich das Bild einer bei aller unermüdlichen Entwickelung erhabenen Gelassenheit.Christian Morgenstern
→Ruhe, Ruhe, tiefe Ruhe. Lautlos schlummern Menschen, Tiere. Nur des Gipfels Gletschertruhe schüttet talwärts ihre Wasser.Christian Morgenstern
→Warum muß ich so unaufhörlich unter mir und anderen leiden! Meine Seele ist fortwährend das Spiel über sie hinziehender Schatten.Christian Morgenstern
→Den Gesellschaftsnarren Ihr lebt, wie’s euch der Kodex vorschreibt, und damit lebt ihr überhaupt nicht. Ich bin ein Mensch, der auf sein Tor schreibt: Der Mann hier folgt nicht, front nicht, glaubt nicht.Christian Morgenstern
→Wer die Welt zu sehr liebt, kommt nicht dazu, über sie nachzudenken; wer sie zu wenig liebt, kann nicht gründlich genug über sie denken.Christian Morgenstern
→Nimm dem Leben die harte Tragik, das tiefe Bewußtsein, daß alles vergänglich ist, und du nimmst ihm die Schönheit.Christian Morgenstern
→Wir wollen uns nie so ganz zu besitzen glauben, daß wir uns nicht noch nach einander sehnen müßten.Christian Morgenstern
→Verzeiht, wenn manchen manches hart hier trifft, mein Pfeil soll treffen, doch er trägt kein Gift.Christian Morgenstern
→Es ist etwas Fürchterliches um einen Menschen, der leidet, ohne Tragik empfinden zu lassen.Christian Morgenstern
→An alle Himmel schreib ichs an, die diesen Ball umspannen: Nicht der Tyrann ist ein schimpflicher Mann, aber der Knecht des Tyrannen.Christian Morgenstern
→Ich habe wohl auch meine Zeit an die Großartigkeit unserer Epoche der Technik geglaubt, aber jetzt fühle ich nur noch das Eine: daß sie die Erde entzaubert, indem sie alles allen gemein macht.Christian Morgenstern
→Ich kann mit fertigen Menschen nichts anfangen. Es gibt fertigere Menschen denn mich, sicherlich ungezählte. Aber keiner ist fertig, soll je fertig sein.Christian Morgenstern
→Was ist Religion? Sich in alle Ewigkeit weiter und höher entwickeln zu wollen.Christian Morgenstern
→Das Kleine in der Natur ist gewöhnlich größer als „das Große“. Denn das Kleine ist nur zu oft Gottesarbeit, wo das Große nur Götterwerk.Christian Morgenstern
→Wir sind nie wirklich aus dem Paradiese vertrieben worden. Wir leben und weben mitten im Paradiese wie je, wir sind selbst Paradies, – nur seiner unbewußt, und damit mitten im – Inferno.Christian Morgenstern
→Es gehört mit zum Seltsamsten, was es gibt: Das pure, lautere Gold liegt vor uns, um uns. Aber wir leben mit Blei, Kupfer, Zinn; von Minderem zu schweigen. Wir haben die Wahrheit wie die Sonne über uns und folgen Schatten und Gespenstern.Christian Morgenstern
→Es gibt so vieles Schöne, Gute, Wahre; wie bin ich dankbar, dass ich Mensch sein darf und immer Neues solcher Art erfahre!Christian Morgenstern