Rainer Kohlmayer Zitate – Seite 3
→Jeder hat das Zeug zum Kolumbus. – Der Vorteil eines schlechten Gedächtnisses ist, daß man mehr Entdeckungen macht als andere Leute.Rainer Kohlmayer
→Therapeutische Wirkung des Haarewaschens. – Man darf sich ungehemmt die Haare raufen. So erklärt sich auch die emotionale Wertschätzung des Friseurberufs: Sich die Haare raufen lassen!Rainer Kohlmayer
→Verpflichtet zu Lehre und Forschung. – Das dozierende Oxymoron: Wegweiser und Wegsucher zugleich.Rainer Kohlmayer
→Wasserspiele. – Bei Wittgenstein kondensiert so manche „Wolke Philosophie zu einem Tröpfchen Sprachlehre“ (PU II, XI). Bei seinen Schülern expandiert so manches Tröpfchen Wittgenstein zu einem akademischen Wasserfall.Rainer Kohlmayer
→Cartesianische Variationen. – Ich denke, also denke ich, daß ich denke. – Ich denke, also tu ich nix. – Ich denke, du arbeitest! – Ich dachte, du spülst das Geschirr! – Ich denke, ich möchte eine Professur für Philosophie. – Ich denke, na also.Rainer Kohlmayer
→„Argumente“ heißen die schärfsten Spitzen jener Eisberge, die aus tiefgefrorenen Gefühlen bestehen.Rainer Kohlmayer
→Kompensation. – Das Territorium der Sowjetunion ist in viele kleine Territorialterroristen zerfallen. Zwischen Territorium und Terror besteht ein unauflösbarer Zusammenhang.Rainer Kohlmayer
→Stabilität auf lange Sicht. – Mit dem Wahlspruch „Wir drücken beide Augen zu“ drängten die Blinden an die Macht. Doch mit dem Slogan „Wir stehen mit beiden Beinen fest auf der Erde“ verteidigten die Lahmen ihren winzigen Vorsprung.Rainer Kohlmayer
→Anarchist beim Absingen der Nationalhymne. – „Einigkeitunrechtunfreiheit Führdasdeutschevaterland…“Rainer Kohlmayer
→Der Wiedergewählte. – Ein unerbittlicher Kämpfer für die Mittelmäßigkeit – die eigene und die der anderen.Rainer Kohlmayer
→Mit den philosophischen Gedanken verhält es sich wie mit den Regenwürmern: Sie zeigen sich nur bei schlechtem Wetter.Rainer Kohlmayer
→Dialektik. – Die meisten Menschen wollen lieber ihre Illusion von Freiheit genießen, statt einsehen zu müssen, daß ihre Freiheit eine Illusion ist.Rainer Kohlmayer
→Unauffällige Beleidigungen. – „Es war wieder einmal selten schön bei Ihnen. Haben Sie nochmals viehlen Dank. Grüßen Sie auch Ihre liebe Frau gans herzlich.“Rainer Kohlmayer
→Prof. Dr. YZ. – Seit Jahren hat er nichts Wichtiges publiziert, baut aber in jeder Sitzung eloquent sein Potemkinsches Dörfchen auf.Rainer Kohlmayer
→Mysterium Nietzsche. – Alles an Nietzsche läßt sich begreifen – außer seinem Schnauzbart: Ein undurchdringliches Rätsel.Rainer Kohlmayer
→Was sagt das Sprichwort über die Geschwindigkeit politischer Karrieren? – „Ehrlich währts am längsten.“Rainer Kohlmayer
→Poetik des Aphorismus. – Ein widerspenstiger Gedanke kroch aus dem Kontext davon, um sich in der freien Luft in einen Aphorismus zu verwandeln.Rainer Kohlmayer
→Wohlbestallt. – Die Dichter sind die Rennpferde, die Literaturprofessoren die Jockeys. Jene erhalten ein Stück Zucker, diese eine Professur.Rainer Kohlmayer
→Wer hat die Abkürzungen erfunden? – Die Tiere: „Muh!“ „Wauwau!“ „Miau!“ „Kikeriki!“Rainer Kohlmayer
→Evaluation. – Das Unwichtigste läßt sich am genauesten messen. – Aber wie stellt man fest, was wichtig ist? – Es ist das, was übrigbleibt, wenn alles gemessen wurde.Rainer Kohlmayer
→Goethes Motto, Ottos Replik. – „Ho mä dareis anthropos ou paideuetai: Wer nicht geschunden wird, wird nicht geformt.“ – Otto: „Aber auch nicht genormt.“Rainer Kohlmayer
→Kopiergeräte für jedermann. – Auch das Vorübergehendste erhebt Anspruch auf Unsterblichkeit. Zwischen Dreck und Druck gibt es keinen Unterschied mehr.Rainer Kohlmayer
→Man sagt oft, man habe nur laut gedacht, wenn man sich dafür entschuldigen möchte, daß man laut nicht gedacht hat.Rainer Kohlmayer
→Bloß keine Blöße zeigen. – In Sätzen, die als Meinungsäußerung von beamteten Wissenschaftlern gelten dürfen, herrscht das Gesetz des kategorischen Konjunktivs: „Ich möchte meinen wollen…“, „Man könnte der Ansicht sein…“Rainer Kohlmayer
→Hoppla. – Man sagt ungerechterweise genau da „geistesgegenwärtig“, wo man „leibesgegenwärtig“ sagen sollte.Rainer Kohlmayer
→Die Verwandlung. – Endlich ließ sich die Wahrheit von seinem inständigen Flehen erweichen und wandte sich um: Kafka, entsetzt, verwandelte sich in Worte.Rainer Kohlmayer
→Bob Wilsons Bildertheater. – Die Unterdrückung der Sprache in der Inszenierung wird durch den Redeschwall der Interpreten kompensiert.Rainer Kohlmayer
→Etymo-Logik? Nein, danke. – In der deutschen Sprache gibt es wie in jeder anderen zahlreiche Spuren uralter Gewaltverhältnisse. Zum Beispiel der Knechtungszusammenhang von „hören“, „horchen“, „gehören“, „gehorchen“. Man muss sich gegen das raffinierte Geraune der Vatersprache zur Wehr setzen.Rainer Kohlmayer
→Diplomatische Begabung. – Er log so diskret, daß nicht nur alle, sondern auch er sich selber für einen durch und durch ehrlichen Menschen hielt. Seine Lügen hatten die wässrige Farbe des Sachverstands und die herzliche Mimik der Offenheit.Rainer Kohlmayer
→Archaismus. – „Mann, is das gut!“, sagen auch Feministinnen, wenn es ihnen besonders gut schmeckt.Rainer Kohlmayer