Jean Paul Zitate – Seite 14
→Kurze Parenthesen können, bandlos abgebrochen, als neue Perioden mitreden; ein langer Schmarotzer-Periode muß sich durchaus mit dem Stammperioden grammatisch verwurzeln; und die Probe der Güte ist, daß der Leser nicht dabei zurückzulesen hat.Jean Paul
→Die Siege im Krieg werden gewöhnlich sittlicher erfochten als die diplomatischen und ministeriellen im Frieden.Jean Paul
→Frömmigkeit kann niemand lehren, der sie nicht selbst hat. Wer an keinen Gott im Himmel glaubt, weil er keinen in seinem Herzen fühlt, kann nichts als Heuchler oder höchstens heidnische Stoiker erziehen.Jean Paul
→In den besten Reisebeschreibungen interessiert uns doch der Reisende am meisten, wenn er sich nur zeigen mag. Wer eine Reise beschreibt, beschreibt damit sich immer auch selber.Jean Paul
→Wenn in euerer letzten Stunde […] alles im gebrochenen Geiste abblüht und herabstirbt, Dichten, Denken, Streben, Freuen: so grünt endlich nur noch die Nachtblume des Glaubens fort und stärkt mit Duft im letzten Dunkel.Jean Paul
→Man lernt Verschwiegenheit am meisten unter Menschen, die keine haben – und Plauderhaftigkeit unter Verschwiegenen.Jean Paul
→Die Eitelkeit besteht nicht in der Kleidung, oft kaum im Handeln, sondern in der ewigen unmerklichen Stellung jedes Worts, damit es höheres Lob abwerfe.Jean Paul
→Um froh zu sein, muß man einen langen Geschäftsplan haben, der doch die Freuden nicht aussperret, sondern einschließet: am besten wenn die Geschäfte und Freuden in eins fallen (bei mir).Jean Paul
→Daß der Verstand erst mit den Jahren kommt, sieht man nicht eher ein, als bis der Verstand und die Jahre da sind.Jean Paul
→Wir irren in nichts mehr als in unsern Prophezeiungen, daß künftig etwas werde schlimmer (z.B. kränker) oder besser (reicher) werden. Die Neigung, systematisch zu schließen (sein), schieben wir der Natur unter; und diese leichtere Verkettung halten wir für Wahrscheinlichkeit.Jean Paul
→Der Spott über Abscheulichkeit (wenn es nicht juvenalischer ist), z.B. Päderastie, mindert den Abscheu mehr, als er ihn mehrt.Jean Paul
→Und welche Sekunde ist die wichtigste im ganzen Leben? Gewiß nicht die letzte, wie Theologen sonst sagten, sondern wahrscheinlich die erste, wie Ärzte bewiesen.Jean Paul
→Ach nicht das bunte Ufer fliehet vorüber, sondern der Mensch und sein Strom; ewig blühen die Jahreszeiten in den Gärten des Gestades hinauf und hinab, aber nur wir rauschen einmal vor den Gärten vorbei und kehren nicht um.Jean Paul
→Das All ist das höchste, kühnste Wort der Sprache und der seltenste Gedanke: denn die Meisten schauen im Universum nur den Marktplatz ihres engen Lebens an, in der Geschichte der Ewigkeit nur ihre eigene Stadtgeschichte.Jean Paul
→Nichts erkältet mehr die edelsten Teile des innern Menschen als Umgang mit Personen, an denen man keinen Anteil nehmen kann.Jean Paul
→In der moralischen Welt verbreitet sich Licht langsamer als Wärme; anders als in der physischen.Jean Paul
→Erstlich zur Seltenheit muß man sich machen, und damit man es bleibe in der Gesellschaft, zuweilen hintereinander keine Seltenheit sein.Jean Paul
→Das Peinlichste am körperlichen Schmerze ist das – Unkörperliche, nämlich unsere Ungeduld und unsere Täuschung, daß er immer währe.Jean Paul
→Die deutsche Sprache bleibt unter allen europäischen Sprachinstrumenten eigentlich als die Orgel – doch soll auch die französische gelten als Schnarrwerk oder Flageolett und die englische als Bootmannspfeife.Jean Paul
→Ich kenne für Kinder in den ersten Jahren kein wohlfeileres, mehr nachhaltendes, beiden Geschlechtern angemessenes Spielzeug als – Sand.Jean Paul
→Unbeständigkeit gegen seinen Vorsatz heißet sich selber das Wort brechen, welches man sowenig wie gegen einen andern darf: da dieselbe schädliche Folge des Mißtrauens daraus entsteht.Jean Paul
→Man muß sich immer einen Rat geben lassen – wenn man ihn auch nicht befolgt, so benützt man ihn doch.Jean Paul
→Jeder modisch Gekleidete hält sich für den Repräsentanten des Jahrhunderts oder Dezenniums.Jean Paul
→Die kleine Stadt sagt von der kleineren, sie sei noch nicht so verdorben – und so Tugend immer im Verhältnis der Kleinheit.Jean Paul
→Zur Ehe gehört nicht bloß, daß man das Mädchen, sondern auch, daß man sich prüfe – ob nämlich zwei Vortreffliche dennoch sich einander nicht fügen.Jean Paul
→Eigne Anmerkungen findet man zum Aufzeichnen oft bloß darum zu unbedeutend, weil man sie durch langes Herumtragen und Handeln darnach sich selber gemein gemacht.Jean Paul